HIGHLIGHT • Killeralgen / Seite 6 von 6
 
„Das zweitgrößte Ästuar der USA und die bedeutendste Kinderstube verschiedenster atlantischer Fischarten der Ostküste ist in akuter Gefahr. Pfiesteria ist nur ein Indikator dafür“, sagt JoAnn. Doch ihr Fingerzeig auf die Mißstände durch die Schweinefarmen mündete bisher nur in telefonische und briefliche Morddrohungen. 
Tote Fische 2
Besonders der Menhaden, eine atlantische Heringsart, ist das Opfer der Pfisteria-Blüten

Politische Maßnahmen zur Reduzierung der Überdüngung vor allem durch die fast industrielle Schweine-
zucht sind nur schwer durchzusetzen in North Carolina. Zahlreiche politische Repräsentanten sind Schweinezüchter, unter ihnen Gouverneur Jonathan Hunt und Senator Faircloth, Vorsitzender der Umweltkommission, mit jährlichem Millionen-Dollar-Umsatz. So überrascht es nicht, daß sogar Gesetze, die Schweinegroßfarmen von Abwasserbeschränkungen ausnehmen, noch in den letzten beiden Jahren beschlossen wurden. 

Fünf Jahre nach dem ersten formellen Bericht an die staatlichen Umwelt- und Gesundheitsbehörden bestreiten diese noch immer die Bedeutung von Pfiesteria. „Fische sterben aus allerlei natürlichen Gründen. Die Fischsterben in unseren Gewässern sind eine Folge von Sauerstoffproblemen im Wasser“, so die offizielle Stellungnahme im Februar 1997. Noch im Sommer 1996 äußerten Mitarbeiter des Gesundheits-
amtes gegenüber einem Fernsehteam von Pro7, daß JoAnn Burkholder und Howard Glasgow ihre Erkrankungen erfunden haben, um Forschungsmittel zu erhaschen. „Wir haben keine Beweise, daß Pfiesteria eine bedeutende Gefahr für die Gesundheit der Öffentlichkeit darstellt“, so Greg Smith, verantwortlicher Wissenschaftler des North Carolina Department for Health. Auch die jüngste Petition von siebzig Ärztinnen und Ärzten der Küstenregion, die ihre Besorgnis über zunehmende Krankheitsfälle ausdrücken, bleibt ignoriert, obwohl Howard Glasgow offiziell eine Kompensation von 110.000 Dollar für seine Erkrankung am Arbeitsplatz vom Staat North Carolina zugesprochen wurde. 

Karte
Fischsterben durch Pfiesteria-Blüten sind bereits von der Küste Delawares bis Louisiana bekannt

Derweil ist Pfiesteria nicht nur ein Problem North Carolinas. Im Sommer 1996 konnten massive Fischsterben in der Chesapeake Bay auf den mikroskopischen Killer zurückgeführt werden. Pfiesteria piscida und eine weitere toxische Pfiesteria-Art sind inzwischen von der Küste Delawares im Norden bis nach Florida im Süden und Louisiana im Westen nachgewiesen und mit Fischsterben in Zusammenhang gebracht worden. Aus geschäftigen Häfen dieser Regionen wie beispielsweise Baltimore am Kopf der Chesapeake Bay ist es leicht denkbar, daß die überaus robusten Zysten mit dem Ballastwasser von Schiffen in andere Regionen verbreitet werden (siehe mare No.1). Zwar sind die deutschen Küstengewässer zu kalt für Pfiesteria, „doch gibt es einige Bereiche des Mittelmeeres, wo sie sich sehr wohl fühlen würde“, warnt JoAnn Burkholder. 

Howard Glasgow ist mittlerweile zurück in seinem Labor, doch jeglichen Kontakt mit den Kulturen oder den Gewässern des Pamlico Sound muß er meiden, da er auf das Pfiesteria-Gift hypersensibilisiert ist. Und auch JoAnn trägt noch immer ihr Erbe des Killers: bei jeder körperlichen Anstrengung wird das fettlösliche Gift aus den Fettzellen remobilisiert, und sie erleidet Kopfschmerz, Schwindel, Kreislauf- und mentale Probleme. David Jones wird wohl für immer geschädigt bleiben, auf die Anerkennung seiner Krankheit und Kompensation seiner Krankenversicherung wartet er bis heute. 

 
<===Previous Page